vendredi 12 juin 2009

Die französischen Parteien: ein nationaler Wahlkampf?



Erst gestern sind die Prospekte der Parteien für die Europa-Wahl in meinem Briefkasse angekommen. 4 Tagen vor der Wahl, nicht zu früh!!

11 Prospekte für 11 Listen, die antreten. An der Spitze der Umfragen: die UMP (die Rechtspartei von Sarkozy), die PS (sozialistische Partei), die Liste Europe-Ecologie (die Grünen, von Cohn-Bendit) und die neue Zentrumspartei: die Modem (von Bayrou). Und dann eine andere Umweltliste, drei linksextremistischen Parteien, unter deren die NPA (Neue Anti-Kapitalismus Partei) von dem sehr charismatischen Briefträger Besancenot („wir werden ihre Krise, die Krise von Europa, nicht bezahlen“), zwei souveränen Parteien („für ein freies Frankreich und ein Europa der Nationen“) und die rechtsextremetische Partei (Front National).

In den Prospekten sowie in den Fernsehdebatten wird mir eine Sache klar: wir sind weit weg von den echten Herausforderungen dieser Europa-Wahl. Die PS spricht von einer „Änderung“, die UMP ruft die Wähler auf, für die Liste der „Präsidentsmehrheit“ zu wählen. Die Europäische Union ist eine Ausrede, um nächsten Sonntag einen guten Wahlausgang zu erhalten. Egal wenn die Parteien ihre jeweilige Wählerschaft verraten.

Denn die französischen Parteien sind mit den anderen europäischen Parteien phasenverschoben. Die Grenze zwischen rechts und links ist in Frankreich viel linker als in Deutschland.

Erstes Beispiel: die Sozialistische Partei von Aubry (heute sehr gesplittet) ist oft näher zu Lafontaine als zu Steinmeier. Dieser Wahlkampf ist eine Gelegenheit, eine verlorene Wählerschaft wieder zu gewinnen. Deswegen verspricht die PS gleichzeitig, dass sie „die Beibehaltung aller öffentlichen Dienste“ verteidigen wird, sowie der Hauptlinien der SPE (Sozialdemokratische Partei Europas) im europäischen Parlament folgen wird.

Zweites Beispiel: die Modem, Mouvement Démocrate von François Bayrou, die nach der 2007-Präsidentswahl gegründet wurde, hat auf der nationalen Ebene jene Koalition mit der UMP (Partei von Konservativen und Liberalen) ausgeschlossen hat. Mit 18,57% der Stimmen im ersten Wahlgang im Jahre 2005 war Bayrou eine echte Überraschung. Seither ist er der Mann, der gegenüber der 2012-Präsidentswahl Sarkozy Angst macht. Denn Bayrou ist eher wie ein Müntefering oder ein Schröder. Heute hat er viele enttäuschte Sozialisten bezeugt. ABER die Modem bleibt auf der europäischen Ebene Mitglied der ALDE Fraktion (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa), was wenige ihrer Wähler wissen.

In beide Fälle frage ich mich, wie die Abgeordneten ihre Versprechen respektieren werden. Die Kluft zwischen der nationalen Realität und deren europäischen ist riesig. Wir brauchen eine Europäisierung der Parteien, wie die Grünen, damit die Wähler die europäischen Herausforderungen besser verstehen. Und damit das europäische Parlament an Eindeutigkeit und Legitimität gewinnt.

jeudi 4 juin 2009

Eine Französin im Maultaschenland...in Brüssel!

Retour sur mon stage de 3 mois à Bruxelles pour sputnik.de de la radio allemande MDR http://my.sputnik.de/Cecile_Europa


Die Welt von Brüssel ist nicht nur eine Welt von Technokraten und Politikern der europäischen Institutionen (Kommission, Rat und Parlament). Um diese Institutionen kreisen auch viele Interessenvertretungen. Das sind nicht nur große Lobbys der Unternehmen, oder Vereine und NGOs (Non Goverment Organisations), sondern auch Vertretungen verschiedener europäischen Regionen. Jedes deutsche Bundesland hat seine eigene Vertretung in Brüssel, 15 gibt es insgesamt (denn Schleswig-Holstein und Hamburg teilen die gleiche), und ich habe gerade drei Monaten bei der von Baden-Württemberg ein Praktikum gemacht.

Die Landesvertretung in Brüssel ist nichts anderes als der Gesandte/Botschafter der Regierung von Baden-Württemberg bei der EU. Da die Europäische Union viele Gebiete beeinflusst, die Sache des Landes sind (wie die Wirtschaft, die Bildung, die Justiz,...), ist es wesentlich für das Land, seine Position und seine eigenen Interessen zu verteidigen.

Die Lage der Landesvertretung von Baden-Württemberg bezeugt diesen Wunsch, Einfluss auf den europäischen Entscheidungsprozess zu nehmen. 500 Meter entfernt vom Parlament ist es einfach, für die 23 Mitarbeiter und die 15 Praktikanten zu Fuß in die europäischen Institutionen zu gehen (à propos sind die Bayern noch näher dran. Sie haben ein Schloss im Park des Parlaments!!! Der Wettbewerb ist hoch zwischen den Ländern).

Einerseits vermittelt die Landesvertretung so schnell wie möglich die Informationen nach Stuttgart. Zum Beispiel war ich oft im Parlament, um an Ausschüsse (zB Kultur, Entwicklung, Außenpolitik, …) teilzunehmen, in den die Abgeordneten Gesetzte verabschieden, worüber ich ein Vermerk für das Staatsministerium schreiben musste.

Andererseits muss die Landesvertretung darauf achten, dass das Land Baden-Württemberg über einen Platz in dem europäischen Kosmos verfügt. Deswegen organisieren die Mitarbeiter und wir, Praktikanten, mindestens 2 mal pro Woche Veranstaltungen. Das heißt: eine interessante Podiumsdiskussion mit eminenten Referenten und dann -am wichtigsten- ein Abendessen mit Bretzel, Bier aus Tannenzapfen, Spätzle und Maultaschen. Der Abend wird im Kellergeschoss einer konstituierten Schwarzwaldstube beendet.
Diese gemütliche Stimmung ermöglicht den Referenten der Landesvertretungen mit den eingeladenen Abgeordneten oder Beamten der Kommission über ihre Projekte zu sprechen. So wird versucht, Druck zu machen. So wird Baden-Württemberg gelobt. So wird das Land „verkauft“.

Nach diesem Praktikum habe ich wirklich entdeckt, wie diese europäische Welt der Interessenvertretungen funktioniert. Damit ihre Stimme gehört wird, muss egal welche Gruppe, auch eine Landesvertretung, Druck auf die Institutionen machen. Wie? Um einen Tisch mit Essen und Cocktails. Durch Geld. Geht es wirklich um die europäische Demokratie, von der ich träume?

Die Franzosen und die Europäische Union: „je t'aime, moi non plus“



In einer Woche sollen die französischen Wähler, die in 8 Wahlkreise verteilt sind, 72 Abgeordneten nach Brüssel und Strassburg senden. Das erste Mal seit dem 2005 Referendum, dass die Franzosen die Gelegenheit haben, sich über Europa zu äußern. Vier Jahre später scheint es fast so zu sein, dass nichts geändert hat. Die Leinwand ist immer die gleiche: „je t'aime, moi non plus“ (ich liebe dich, ich auch nicht).

2005 hatten die Franzosen das Gefühl, dass ihre Forderung eines sozialeren Europas herhört werden könnten. Das war damals einer der Punkte im Präsidentsschaftswahlkampf von Nicolas Sarkozy: „Sie werden gehört werden, ich verspreche es Ihnen“. Sozusagen: Frankreich wird keine Souveränität verlieren, denn davor haben wir Franzosen am meisten Angst.

Die französsiche Ratspräsidentschaft war ein großer Moment für uns - „Sarkozy ist zur Zeit Präsident von Europa“ konnte in ganz Frankreich gelesen oder gehört werden. Die Franzosen hatten das Gefühl, sie hatten die EU stark getragen. Selbst die politischen Gegner von Sarkozy haben ihn gelobt. Die Auflösung der Krise in Georgien, die Verabschiedung des Klimat-Pakets, die ersten Reaktionen auf die Finanzkrise: es hat Frankreich gelegen, von eiserner Hand die EU zu regieren. Die französische Ratpräsidentschaft hat auf diese Weise das Thema Europa auf dem Tisch gelassen – in einem positiven Sinne, weil Frankreich seine Positition behaupten konnte.

Die Wirtschaftskrise schlug einen anderen Ton in Frankreich sowie in den meisten EU-Ländern an. Da die Wahl vom 7. Juni die erste Wahl seit dem Anfang der Wirtschaftskrise ist, werden die französischen Wähler die Gelegenheit nutzen, um ihre Unzufriedenheit gegen die Krise zu äußern. Angesichts des Anstiegs der Arbeitslosigkeit, der Betriebsstillegungen, der kommenden Kürzungen von Subventionen (Förderungsmittel) im Rahmen der EU-Agrarpolitik wird Europa wieder der perfekte Sündenbock sein.

Außerdem findet die Europa-Wahl genau am zweijährigen Amtsjubiläum von Nicolas Sarkozy statt. Die Medien sowie seine politischen Gegner ziehen gerade eine Bilanz. Als kein Zufall, dass François Bayrou, der Vorsitzende der neuen Zentrumspartei MoDem (Mouvement Démocrate), ein brennendes Pamphlet Ende April veröffentlicht hat („Abus de pouvoir“). Während die Europa-Wahl in Deutschland eine Probe für die Bundestagswahl vom September sein wird, wird sie in Frankreich ein Mittel für Sarkozy sein, zu beobachten, ob die Franzosen seine Politik immer noch unterstützen. Und wird die andere Parteien ermöglichen, ihre eigene Wähler wieder zu sammeln und ihre Punkte zu zählen.

Eine Europa-Wahl, die immer eine Ausrede für die Innenpolitik ist. Und eine Europäische Union, die dementsprechend immer weiter weg für die Franzosen scheint.

(Article pour sputnik.de, la radio jeune de MDR)